Ungarn › Entlang der Schiene
Der Besuch der "Alten Dame" - 120 Jahre Millenniums-U-Bahn, Budapest
Vor 120 Jahren, am 3. Mai 1896 wurde die Millenniums-U-Bahn eröffnet: die erste Metrolinie von Budapest, und nach London die zweite U-Bahn der Welt. Anlässlich des Jubiläums pendelte der ebenso 120 Jahre alte Triebwagen 11, nach dem Spitznamen, die „Alte Dame” zwischen 2. und 7. Mai 2016 in der Nachtpause auf der Linie M1. Um 0:00 begann die erste Fahrt von der Endstation Mexikói út, 30 Minuten später fuhr der Triebwagen von Vörösmarty tér zurück. Die zweite Runde ging um 1:00 Richtung Stadtzentrum los, und wendete wieder eine halbe Stunde später.
Nach den Nachtschichten zeigte sich die Alte Dame am Wochenende vom 7. und 8. Mai auch bei Sonnenlicht: sie wurde im Depot Mexikói út ausgestellt. Das hochgeschätzte Fahrzeug konnte nur bei schönem Wetter besichtigt werden, vor dem fast planmässig ankommenden Regenschauer musste die Dame unter Dach gebracht werden – zur Freude der Anwesenden. Wir sahen eine regelrechte Ballettvorstellung, als die Alte Dame in graziösem Zickzack ins Schuppen hineintanzte.
Die Linie wurde ursprünglich 3,7 km lang vom Gizella tér (heute Vörösmarty tér) bis zum Stadwäldchen (Városliget) gebaut. Die Strecke verliess den Tunnel nach Hősök tere (Heldenplatz) und erreichte nach einem 463 m langen Oberflächenabschnitt die Endstation beim Artesischen Bad (heute Széchenyi-Heilbad). Der Tunnel entstand im Tagebau, seine Tiefe war von der Tatsache begrenzt, dass das ganze Bauwerk über dem Abwasserkanal der kreuzenden Grossen Ringstrasse (Nagykörút) passen musste. Das ergab eine Lichtraumhöhe von 2,7 m, die besondere Fahrzeuge benötigte. Für die beteiligten Gesellschaften bauten Schlick und Siemens & Halske 10-10 Niederflurtriebwagen. Die Fahrzeuge Nr. 1-10 der BVVV (Budapesti Villamos Városi Vasút – Budapester Elektrische Stadtbahn) wurden mit gelber Stahlverkleidung gefertigt, die Triebwagen Nr. 11-20 der BKVT (Budapesti Közúti Vaspálya Társaság – Budapester Strassenbahngesellschaft) erhielten braune Holzverkleidung. Der Triebwagen 20 war ein Einzelstück, speziell für den König gebaut. Diese Fahrzeuge blieben 77 Jahre lang im Dienst, sie wurden bis ihrer Ausmusterung im Jahr 1973 mehrmals modernisiert und umgebaut.
1973 wurde die Linie bis Mexikói út verlängert, so erreichte ihre Gesamtlänge 4,4 km. Auch der Oberflächenabschnitt entfiel. Zusammen mit der Streckenrekonstruktion wurden auch die Fahrzeuge gewechselt: neue, dreiteilige Gelenktriebzüge wurden von Ganz-MÁVAG und Ganz-VM gebaut. Von den alten Fahrzeugen sind 5 erhalten geblieben: neben dem Triebwagen 11 befinden sich zwei im U-Bahnmuseum Deák tér, einer steht im Hannoverschen Straßenbahn-Museum und einer im Seashore Trolley Museum (USA).
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