Am 27. November versprach der den Berg bestreichende Sonnenstrahl ein schönes, sonniges Wetter, doch war der Himmel am nächsten Tag wieder stark bewölkt. Am 28. wartete der Allegra 3509 am Bahnhof Chur auf mich.
Chur Sand (601 m)
Wo der Strassenbahnähnliche Abschnitt endet, dort beginnt die eigentliche Steigung - zuerst mit 23 Promille. Dann folgt eine wahre Gebirgsstrecke mit 60 Promille starken Steigungen, engen Kurven und Tunneln.
Der Kurort Arosa war an der Jahrhundertwende schwer zugänglich. Von Chur bis zu den ca. 1200 m höher liegenden Lungensanatorien dauerte die Postkutschenfahrt selbst auf der neu gebauten Schanfiggerstrasse sech Stunden. Die erste Idee eine Bahnstrecke nach Arosa zu bauen erhob sich im Jahr 1901, aber dauerte bis 1910 die Trasse der späteren Linie durch Abstimmen der verschiedenen Vorstellungen und Interessen festzulegen. Obwohl bei der Planung die Erforderungen der RhB-Fahrzeuge berücksichtigt waren, wurde 1912 eine neue Bahngesellschaft, die Chur-Arosa-Bahn (ChA) gegründet – mit dem Kanton Graubünden als Mehrheitsaktionär. Die Bauarbeiten begannen noch im selben Jahr. Nach dem Anspruch der Stadt wurde die Trasse geändert und die Strecke durch die Strassen von Chur geführt, um die geplante Strassenbahnlinie zu ersetzen. Mit dieser Modifizierung konnte der Bau eines Tunnels und zweier Brücken vermieden werden. Parallel zum Bahnbau wurde ein Wasserkraftwerk bei Lüen, für die Stromversorgung der Strecke gebaut. Geologische schwierigkeiten verzögerten die Bauarbeiten, doch wurde die Chur-Arosa-Bahn in zwei Jahren fertig und am 12. Dezember 1914 eröffnet. Die Strecke wurde ursprünglich - abweichend vom Stammnetz der RhB - mit 2400 V Gleichstrom elektrifiziert. br>
Die Eröffnung der Bahn hat einen richtigen Aufschwung gebracht, Arosa umwandelte sich in den folgenden Jahrzehnten in ein Wintersportparadies. Trotzdem geriet die Bahngesellschaft infolge der Witschaftskrise und der neuen, nach der Eröffnung der Schanfiggerstrasse für den Autoverkehr (1927) entstandene Konkurrenz, in finanziellen Schwierigkeiten. Nur die Fusion mit der RhB rettete die Bahnlinie im Jahr 1942. Trotzdem dauerte das Gleichstromzeitalter bis 1997, als die Strecke auf das Stromsystem des RhB-Stammnetzes (11 kV 16,7 Hz) umgestellt wurde. br>
Gegenüber zu den ursprünglichen 80-85 Minuten, beträgt heute die Fahrzeit auf der 25,7 km langen Strecke genau eine Stunde. Die roten Züge bewältigen den Höhenunterschied von 1154 m zwischen Chur und Arosa durch höchstens 60 Promille steilen Steigungen. Die Personenzüge verkehren im Stundentakt, als Triebfahrzeug werden meistens die von Stadler hergestellten Allegra-Triebzüge der Baureihe ABe 8/12 eingesetzt. Diese Fahrzeuge sind so stark (ihre Leistung ist ähnlich wie die der Lokbaureihe Ge 4/4 III, nur zwischen zweimal so vielen Achsen verteilt), dass sie anstelle von Lokomotiven sogar Güterzüge befördern können. Der Güterverkehr der Arosabahn ist auch heutzutage bedeutend, die Güterwagen werden meistens an den Personenzügen gekuppelt. Die so gebildeten gemischten Züge passen in den Stundentakt ein, und gefährden weniger den Fahrplan der eingleisigen Bahnstrecke.
Wir sind schon in der Nähe von Langwies. Bei Palätsch schlangelt sich ein gemischter Zug bergwärts, während unten im Tal Hirsche grasen.
Langwies GR (1317 m)
Die aus dem 14. Jahrhundert stammende Kirche und Blockhäuser von Langwies
Die Gleise von Langwies werden gerade erneuert. Nach dem Bahnhof folgt das atemberaubende Langwieser Viadukt. Auch die Kantonsstrasse nach Arosa bietet einen herrlichen Blick auf die Brücke.
Die grösste Attraktion der Arosabahn ist das Langwieser Viadukt, das mit seiner Länge von 284 m, Höhe von 62 m und Stützweite von 100 m die grösste Brücke der Rhätischen Bahn ist. Wegen des blossen Ausmasses des geplanten Bauwerks, des Baumaterialmangels, sowie der Transportschwierigkeiten kam hier nur eine Stahlbetonkonstruktion in Frage. Mit der Planung und Bau des Viadukts wurde die Firma Ed. Züblin & Cie beauftragt, die schon früher in Ungarn zwei grosse Stahlbetonbrücken erbaut hat. Die Viadukte bei Újsinka (Neuschinka, heute Rumänien) der Lokalbahn Brassó (Kronstadt) – Fogaras wurden 1908 nach Plänen von Szilárd Zielinski gebaut. Die grössere beider Brücken ist die 167 lange Hosszúvölgyi Viadukt, die über die grösste Stützweite unter der Stahbetonbrücken ihrer Zeit verfügte. Das Hosszúvölgyi Viadukt diente als Vorbild bei der Planung des Langwieser Viadukts. Der grosse Schweizer Bruder der Neuschinka-Viadukte wurde im Jahr 1914 fertig gestellt.
Das Viadukt am 25. November und drei Tage später
Verlassen wir allmählich Langwies, und schauen wir auf die andere Seite des Tals! Dort wartet der Prätschwald auf uns, mit verstreuten Blockhäusern auf seinen Lichtungen.
Inner Prätschwald mit frohen Allegras und einer mürrischen Katze.
Litzirüti (1452 m)
Im Bahnhof Litzirüti kreuzen sich die bergwärts und talwärts fahrenden Planzüge. Nach dem Bahnhof steigt die Strecke durch enge Kehren weiter Richtung Arosa.
Haspelgrube (1582 m)
Kurz vor Arosa befindet sich die Dienststation Haspelgrube, die erst 1937 erstellt wurde.
Beim Untersee wendet sich die Bahn nach Norden. Die Endstation liegt unmittelbar nach dem Tunnel.